Das machst du als Hobbykoch besser nicht, Grill den Henssler als Beispiel fürs Küchenchaos

Autor:
Chefkoch Thomas Sixt ist Food Fotograf, Kochbuchautor und Blogger.
Hier teilt er Rezepte, beantwortet Kochfragen und hilft beim Kochen.
Was ich in der Küche gelernt habe:
Ordnung ist das halbe Küchenleben, darum: Mise en Place. Doch wenn man sich die Sendung Grill den Henssler anschaut, entsteht der Eindruck, als wäre das Chaos dort kein Zufallsprodukt, sondern eine gezielte Inszenierung – vielleicht sogar redaktionell geplant.
Man könnte meinen, dass sich hier die Grenzen zwischen Kochshow und Unterhaltungsspektakel zunehmend auflösen.
Für ambitionierte Hobbyköche bedeutet das vor allem eines: So sollte man es lieber nicht machen.
Schweinerei in der TV-Küche
Sitze im Glashaus und werfe den ersten Stein: Sind wir Köche alle Schweine? Natürlich nicht.
Auch ich habe in meiner YouTube-Sendung schon den Hund mit Fleisch gefüttert – und dafür zu Recht Kritik erhalten.
Bin ich als Koch in der Küche immer perfekt? Sicherlich nicht. Aber was sich bei Henssler auf der Arbeitsfläche abspielt, setzt die Sauberkeitslatte niedrig an.
Da fällt mir vor Schreck der Kochlöffel aus der Hand.
Küchen-Klamauk mit System?
Viele Details lassen vermuten, dass hier bewusst auf Reibung, Reiz und Raserei gesetzt wird.
Ein Beispiel: Da steht zum Sahneschlagen eine viel zu flache Schüssel – ein spritzender Unfall ist vorprogrammiert.
Oder es wird eine Pfanne gereicht, die nach objektivem Eindruck schlicht zu klein ist, um eine ganze Forelle fachgerecht zu braten.
So kann der arme Fisch gar nicht gleichmäßig garen und gerät in der Mitte gebraten und an den Enden roh.

Ein Arbeitsplatz als Unfallort
Wer genauer hinschaut, entdeckt eine Küche, die eher an eine Baustelle mit Bratgeruch erinnert.
Messer liegen kreuz und quer, Fische neben Gemüse, Schneidebretter rutschen, Arbeitsflächen werden zum Schneiden von Zutaten verwendet, weil die Küchenbretter von Zutatenresten belegt sind.
Ich vermute, dass auch diese Unordnung Teil der Dramaturgie ist.
Missgeschicke wie herunterfallende Soßenreste oder verunglückte Teller sind weniger Panne als mehr Kalkül.

Frische Löffel? Man vermisst sie…
Ein weiterer Punkt, der ins Auge fällt:
Steffen Henssler nimmt beim Probieren seiner Gerichte oft denselben Löffel? – Echt jetzt?
In jeder professionellen Küche wäre das ein Verstoß gegen Hygieneregeln – in der Show hingegen eine akzeptierte Praxis.
Da staunt selbst der Kochlehrling, der vor dem Fernseher sitzt, zuschaut und denkt: „Aha, so geht das jetzt mit dem benutzten Löffel – dann brauche ich ja auch keinen frischen.“
Früher war Kochen noch Handwerk
Vergleicht man Formate wie Grill den Henssler mit Klassikern wie Lafer! Lichter! Lecker! oder gar den Sendungen eines Paul Bocuse, erkennt man deutliche Unterschiede.
Dort wurde noch alles genau gezeigt, erklärt und strukturiert gekocht – heute wirkt es eher hektisch, überladen und aufgeregt.
Was nimmt der Zuschauer mit? Unterhaltung pur statt Handwerk!
Die tragischen Helden des Abends
Besonders ins Auge gefallen ist mir der sympathische Ralf Zacherl.
Kreativ, fachlich stark und mit viel kulinarischem Instinkt ausgestattet – doch in der Sendung wirkt er zeitweise wie der Chaosmann des Abends.
Die Umsetzung seiner Ideen scheint unterzugehen in einem Küchenumfeld, das eher nach Adrenalinzirkus als nach Kochschule aussieht.
Selbst der beste Plan kann scheitern, wenn das Umfeld nicht mitspielt.
Ebenfalls Mitgefühl empfinde ich für meinen geschätzten Kollegen Pepsch.
Der Österreicher bringt spürbare Leidenschaft mit, und sein Kaiserschmarrn wirkte auf mich als das authentischste Gericht des Abends.
Seine ruhige, überlegte Art steht im Kontrast zur Unruhe drumherum – und vielleicht ist genau das der Grund, warum sein Können nicht die Bühne bekommt, die es verdient.
Jury, Dramaturgie und mein Eindruck der Inszenierung
Ein paar Gedanken zur Jury:
Christian Rach ist ohne Frage ein medienerfahrener Mann.
Seine Sprache wirkt gewählt, sein Auftreten souverän – fast schon wie ein Mathematikprofessor der Gastronomie.
Trotzdem kann ich viele seiner Bewertungen aus meiner Sicht als Koch nicht immer nachvollziehen.
Sie wirken oft wohlwollend – vielleicht zu sehr im Einklang mit dem, was das Format gerade braucht.
Bei Jana Ina Zarrella handelt es sich unbestreitbar um eine beeindruckende Persönlichkeit.
Als Model, Moderatorin und Autorin hat sie sich einen Namen gemacht.
Ihre kulinarische Kompetenz scheint sich – soweit nachvollziehbar – aus einem gemeinsamen Buchprojekt mit Johann Lafer zu speisen.
Ob das reicht, um Gerichte fundiert zu bewerten, darf man hinterfragen.
So wie sie vor der Kamera glänzt, könnte man meinen, kulinarisches Urteil sei vor allem eine Frage der Ausstrahlung.
Vielleicht reicht das in dieser Sendung ja auch.
Und das meine ich gar nicht böse – sie macht das, was man ihr gibt, charmant und medientauglich.
Ali Güngörmüș wiederum wirkt auf mich wie jemand, der echte Küchenerfahrung mitbringt.
Seine Einschätzungen erscheinen nachvollziehbar, fachlich fundiert und angenehm sachlich.
Dass ihm der, aus meiner Sicht, beste Kaiserschmarrn des Abends entgangen ist – sei ihm verziehen.
Meine eigene Erfahrung ist: Das Gericht kennt man in München nicht in seiner besten Form.
Mein persönliches Fazit:
Was mir in der Jury fehlt, ist echte Reibung und ehrlicher Widerspruch. Es ist stets ein stimmiger Dreiklang statt eines kraftvolles Kontrapunkts.
Denn die Jury wirkt häufig einig – fast zu einig.
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Entscheidungen nicht ausschließlich am Teller getroffen werden, sondern dramaturgisch vorbereitet sind.
Vielleicht ist Grill den Henssler inzwischen eher ein Küchentheater als eine Kochsendung – mit allem, was dazugehört:
Drama, Applaus und Chaos.

Was sich ändern sollte
Die verantwortlichen Produzenten und der Sender könnten darüber nachdenken, welche Wirkung diese Küchenchaos auf das Publikum haben kann.
Besonders junge Zuschauer könnten chaotisches Arbeiten, mangelhafte Hygiene oder fragwürdigen Umgang mit Küchenmessern übernehmen – ohne zu erkennen, dass es Show ist.
Genau hier sehe ich eine Verantwortung.
Deshalb mein augenzwinkernder Vorschlag:
Führt doch einen Hygienebeauftragten ein – ich würde mich mit Humor und Sachverstand sogar persönlich für die Sendung in den Dienst der Sauberkeit stellen. Das wäre doch mal was.
Seid’s also nicht solche Saubären und ehrt den Kochberuf und die historischen Küchenlegenden der deutschen Fernsehgeschichte ein bisserl mehr.
Kochfernsehen darf unterhalten – aber es sollte auch Vorbild sein.
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